Hintergrund und Umfeld
In den heutigen Mediengesellschaften wendet sich jede veröffentlichte Botschaft direkt oder indirekt an alle. Gewollt oder ungewollt, sind alle via Internet, Handy und elektronische Medien ständig der Gesamtheit der lokalen und globalen Informationen ausgesetzt. Zugewanderte registrieren gleichzeitig Medieninhalte aus der Schweiz und aus ihren Herkunftsländern. Schweizerinnen und Schweizer konsumieren nicht nur hiesige sondern auch importierte mediale Produktionen. Die Diskrepanz zwischen Inhalten aus der Nähe und Inhalten der Ferne birgt sowohl für Einheimische wie Zugewanderte ein beachtliches Potential an Irritation und Verunsicherung.
Als Peer Steinbrück als deutscher Finanzminister der Schweiz in Steuerfragen die Kavallerie schicken wollte, zielte seine Aussage im Vorwahlkampf zwar in erster Linie auf die deutsche Öffentlichkeit, er wurde aber auch in der Schweiz laut und deutlich gehört. Die folgende „Verstimmung“ zwischen den beiden Nachbarn beeinflusste die Beziehung zwischen den Schweizerinnen und Schweizern und den hier lebenden deutschen Zuwanderinnen und Zuwanderer empfindlich.
Auch die SVP-Parolen gegen „Kosovaren-Schlitzer“ und andere Ausländerinnen und Ausländer sollen hauptsächlich das Schweizer Stimmvolk mobilisieren, sie werden aber genauso von den je Betroffenen gehört und als rassistische Diskriminierung empfunden.
Als die „Weltwoche“ 2012 titelte „Die Roma kommen: Raubzüge in die Schweiz“ und auf dem Cover einen dunkelhaarigen Jungen zeigte, der mit einer Spielzeugpistole auf den Betrachter zielte, dauerte es nicht lange, bis die deutsche Bildagentur Laif, von der das Foto stammte, sich gegen die „sinnenstellende und wahrheitsverändernde “Verwendung der Illustration einer Reportage über das Elend der Romakinder auf den Müllhalden im Kosovo wandte. Die Darstellung würde "die Aussage des Bildes in sein Gegenteil verkehren und als Illustration für einen Artikel über angebliche Raubzüge von Roma-Kindern in der Schweiz missbrauchen". Heute stipulieren die Nutzungsbedingungen zu dem Bild, dass es nur in seinem ursprünglichen Zusammenhang genutzt werden darf.
In einem kulturell vielfältigen Umfeld verarbeiten die meisten Menschen die Flut der Informationen im Rahmen persönlicher und herkunftsspezifischer Erfahrungen. Jeder und jede bedient sich grösserer oder kleinerer Vorurteile gegenüber den Werten, Meinungen und Vorstellungen anderer. Gleichzeitig übersteigt der individuelle Erfahrungs- Verständnishorizont aber die kulturellen und religiösen Zuschreibungen, so dass Medieninhalte auch kulturübergreifend oder jenseits von migrationsspezifischen Zuschreibungen wahrgenommen und verstanden werden.